Medien und Politik / "Akte" und Politik


 
Einleitung

 

  • Warum dieses Thema? Warum dieser Vortragende? Was ist das für eine Sendung? Wer ist Ulrich Meyer?

 



Das Format "Akte"

 

  • on air seit 1995
  • Auftragsproduktion für Sat.1
  • "investigativer Journalismus" und Boulevard
  • wechselnde Sendeplätze, derzeit Dienstag 22:15 (nach Spielfilm)
  • live aus Berlin Adlershof (bis auf "Specials")
  • Beiträge aus Eigenrepertoire, aber auch von externen Produktionsfirmen
  • Quoten-Beispiel
  • Werbung und Werbeblöcke
  • typische Themen: Liebe unter Superstars (Promi), Trockeneis im Cocktail (Verbraucher), Vom Killer-Kommando gejagt (Boulevard?), Der Anastacia-Schock (Promi/Verbraucher), Kokain im Bundestag (Politik?), Gefährliche Straßenbeläge (Verbraucher/Politik?

 

Logo Akte

Der Moderator: Ulrich Meyer

 

  • seit 1985 (dem deutschen Beginn des Privatfernsehes) ziwschen RTL und Sat.1
  • verheiratet mit Georgia Tornow (Politologin, Journalistin, Kolumnistin)
  • Freier Produzent, Geschäftsführer META productions GmbH
  • Rechtfertigung Interview

 

 

Ulrich Meyer Biographie
Und was ist Unterhaltung? Ist Fernsehen Unterhaltung?

 

  • hauptsächlich tautologische Begriffserklärung im Stile "Unterhaltung ist, was unterhält"
  • nach Postman Entertainment Superideologie des Fernsehens - "Wir amüsieren uns zu Tode" (P) (S S. 14f)
  • McLuhan: den elektronischen Medien und insbesondere dem TV wohnt ein gewisser Unterhaltungswert inne (S S. 14f)
  • Rohrbach: "Fernsehen ist Unterhaltung. Unterhaltung bedarf insoweit keiner Definition" (S S. 14f)
  1. Unterhaltung wird oft als Realitätsflucht ("Escape") definiert;
  2. Unterhaltung wird unter dem Aspekt des intellektuellen Anspruchs als anspruchslose Form der Information dargestellt;
  3. Unterhaltung gilt als Plattform zur Vermittlung falscher Leitbilder und
  4. Unterhaltung wird, ausgehend von der "Sicht der Arbeitswelt", ohne Eigenwert als Residualkategorie den ernsthaften Tätigkeiten gegenübergestellt (S S. 28f)
  • sind klassische politische Magazine auch Teil dieser fernseheigenen Unterhaltung?

"Informationssendungen im Fernsehen sind für die Mehrzahl der Zuschauer unbewusst Teil des Unterhaltungsbedürfnisses, nicht Teil einer politischen Kommunikation, die bewusst abläuft." (O S. 13)

"Obwohl ich jetzt seit 30 Jahren in diesem Beruf bin, habe ich dabei immer ein ungutes Gefühl gehabt, weil ich als politischer Journalist lieber auf den Intellekt als auf den Bauch ziele. Doch ich weiß auch, dass ich damit im Fernsehen am falschen Platz bin." (O S. 11f)

 

 
Fernsehen als Industrie oder Handel mit Zeit

 

"Fernsehen ist zunächst einmal eine Industrie. Punkt. ... genauso wie das Abfüllen von Coca Cola, das Auswalzen von Birkel-Nudeln, bzw. das Fertigen von Continental-Autoreifen." (M)

"Mein Zuschauer gibt mir Lebenszeit, und ich muss versuchen, ihm dafür etwas zu geben, wovon er am Ende denkt 'Das war es Wert'." (M)

"Und die Frage ist ganz einfach: Wie erreiche ich meinen Kunden? Wie bei allen anderen Industrien auch. Und wenn ich ihm genau sage 'Oh, jetzt wird's schwierig. Das, was Du jetzt zu sehen bekommst, ist echt kompliziert. Wir haben es uns auch wirklich nicht einfach gemacht, Dir das zu sagen, aber es ist schwer, und es bleibt schwer, und das wollen wir Dir auch gar nicht verheimlichen.' Das wäre der alte, Schwarzbrot-Weg. Ich kann aber auch sagen: "Wissen Sie was? Ich habe etwas für Sie, das haben Sie überhaupt noch nie gehört. Bilder, die Sie so noch nie gesehen haben. Eine Wahrheit, die dahintersteckt, die Ihr Leben beeinflussen wird. Aber in letzter Konsequenz: Sie müssen es sich anschauen." (M)

"Ich nenne das immer die Dragee-Taktik. Ich brauche ein Form von Zuckerguss und darin ist die bitterste Medizin. Ich behaupte aber, dass man die bitterste Medizin dem Zuschauer verabreichen kann, wenn der Zuckerguss nur ordentlich süß ist und wenn der Zuckerguss auch eine geile, grelle Farbe hat." (M)

 

 

 
Der egoistische Zuschauer und Erzählungen pars pro toto

 

  • Zuschauer zuerst an sich und ihrem persönlichen Umfeld interessiert
  • pekuniäre und sicherheitsrelevante Aspekte im Vordergrund (siehe auch BILD)

"Ist die Welt sicher? Sind meine Stadt und mein Haus sicher? Falls meine Familie in Sicherheit ist, was ist dann noch in den letzten 24 Stunden passiert, was mich betrifft, amüsiert, schockt und mir unmittelbar nutzt?" (O S. 15)

  • Ich-Bezogenheit des Zuschauers verdrängt Verlangen nach abstrakten oder fernen Nachrichten

"Villemessant, der Begründer des 'Figaro', hat das Wesen der Information in einer berühmten Formel gekennzeichnet. 'Meinen Lesern', pflegte er zu sagen, ' ist ein Dachstuhlbrand Quartier latin wichtiger als eine Revolution in Madrid.' Das stellt mit einem Schlage klar, daß nun nicht mehr die Kunde, die von fernher kommt, sondern die Information, die einen Anhaltspunkt für das Nächste liefert , am liebsten Gehör findet. Die Kunde, die aus der Ferne kam - sei es die zeitliche der Überlieferung - verfügte über eine Autorität, die ihr Geltung verschaffte, auch wo sie nicht der Kontrolle zugeführt wurde. Die Information aber macht den Anspruch auf prompte Nachprüfbarkeit. Da ist es das erste, daß sie 'an und für sich verständlich' auftritt. Sie ist oft nicht exakter als die Kunde früherer Jahrhunderte es gewesen ist. Aber während diese gern vom Wunder borgte, ist es für die Information unerläßlich, daß sie plausibel klingt. Dadurch erweist sie sich mit dem Geist der Erzählung unvereinbar. Wenn die Kunst des Erzähles selten geworden ist so hat die Verbreitung der Information einen entscheidenden Anteil an diesem Sachverhalt." (B S. 444)

  • abstrakte politische Zusammenhänge vermittelbar durch "unmittelbar Betroffene" (Wenn es ihm so geht, kann es mir auch so gehen?) - Fabeln?
  • statt großer volkswirtschaftlicher Zahlen persönliche Rechnungen - dieser Krieg kostet Sie persönlich X Euro
  • das Für und Wider der Personalisierung

 

 
Tabus?

 

  • Beachtung zahlender Werbekunden bei der Themenauswahl
  • Zusammenspiel öffentlich-rechtlich <=> privat und die Freiheit der Produzenten
  • Tabus öffentlich-rechtlicher Sender?

 

 
Ist die Akte politisch?

 

"Also, ich kann das den Menschen klar machen, die bereit sind zu sagen, ein politisches Magazin ist nicht nur Monitor. Ich behaupte Folgendes: Wenn ich eine Monitor-Reportage nehme, gehe eine Stunde in den Schnitt, nehme mir ein paar CDs mit, ein paar elektronische Effekte sind ohnehin in den Schnittcomputer einprogrammiert... gebt mir eine Stunde und ich werde den Monitor-Beitrag so umschneiden, dass er bei uns anstandslos laufen kann, weil die Kollegen eigentlich das selbe tun wie wir. ... Auf der anderen Seite könnte ich einen unserer Beiträge nehmen und sagen 'Komm, jetzt lass uns die ganzen Effekte rausnehmen, die Musik rausnehmen, lass uns noch zwei Landespolitiker dazu fragen' und dann habe ich einen Monitor-Beitrag, der da genauso gut laufen könnte. Auch dieses ist, wenn man es handwerklich - nicht ideologisch - betrachtet, überhaupt gar kein Problem." (M)

 

 
Quellen/Literatur

 

  • Schmitz, Manfred: Fernsehen zwischen Apokalypse und Integration, Baden-Baden 1995. (S)
  • Benjamin, Walter: Gesammelte Schriften, hg. v. Tiedemann und Schweppenhäuser, Frankfurt am Main 1995. (B)
  • von Oetzen, Viktor: Politik als Ware - kundennahe Vermittlung? In: Politikvermittlung zwischen Information und Unterhaltung, hg. v. Hans Paukens, München 2000. (O)
  • Interview mit Ulrich Meyer, geführt von Caspar Clemens Mierau (M)
  • Postman, Neil: Wir amüsieren uns zu Tode, Frankfurt am Main 1985. (P)

Die Buchstaben in Klammern bezeichnen die von mir aus Platzgründen verwendeten Quellenkürzel.

 

 

Vortragender

 

 

 

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