Referat: Innovationsmanagent: Der automatische Buchscanner
(Caspar Clemens Mierau)

 
Seminar: Innovationsmanagement, 14.7.2004, Dozentin: Karina Preiß


Vorwort:

Im Folgenden handelt es sich lediglich um die Vorbereitung eines Referats. Fußnoten fehlen also vollständig und der Schreibstil ist auf mündliches Vortragen ausgerichtet..

Das folgende Referat entstand aus der Aufgabe, eine Medieninnovation zu entwickeln und anhand der im Seminar erlernten theoretischen Kenntnisse von der Entwicklung bis zur Durchsetzung am Markt zu bringen.

Einleitung:

Um die uns gestellte Aufgabe möglichst realistisch durchspielen zu können, haben wir uns entschieden, unsere Medieninnovation weniger durch überwältigende Neuartigkeit, als vielmehr durch das Aufgreifen eines alten Problems glänzen zu lassen. Während des nervtötenden Kopierens von Buchauszügen, wie er zum bestenfalls meditativen Tagesritual eines Studenten gehört, stellten wir uns die Frage, warum eigentlich noch immer so anachronistisch und zeitaufwändig Bücher kopiert werden. Eine kurze Recherche ergab zwar Hinweise auf Kopierer und Scanner, die für das Vervielfältigen von Büchern optimiert sind, keiner aber wollte uns die für den Menschen doch so simple Tätigkeit des Umblätterns abnehmen.

Bücher? Kopierer? Marktlücke? Spätestens bei dieser Begriffs-Triade drängt sich im Rahmen dieses Seminars das Stichwort „Medieninnovation“ auf. Ausgehend von der These, dass das Kopieren bzw. Scannen von Büchern nach wie vor mühselig ist und durch den teilweise hohen Zeitaufwand sicher nur im Notfall (in Anführungsstrichen) gemacht wird, entwickeln wir einen Buchscanner, der durch selbsttätiges Umblättern der Seiten und die Optimierung auf die Erfassung von Buchseiten einen deutlichen Quantitäts- und Qualitätssprung in der Digitalisierung bestehender Bucharchive und Erfassung konkreter Buchtitel ermöglicht.

Das Gerät:

Bisher haben wir es hauptsächlich mit folgenden Geräten zu tun: Normale Kopierer (Scan/Foto), Scanner und Buchkopierern mit verbesserten Ablagemöglichkeiten für die Bücher. Wir greifen das Model mit Aufsichtkamera auf und erweitern es um einen mechanischen oder pneumatischen Blättermechanismus sowie einen Abstandsmesser, der Wölbungen erkennen und so beim Scanvorgang selbst das Bild automatisch entzerren kann (Verweis auf den automatisch blätternden Notenständer und Geldnoten-Zählmaschinen). Ein eingebundenes OCR-Modul eines Drittherstellers optimiert die Scans durch den Vergleich mit bekannten Schriftarten und Buchtypographien, erfasst Texte und Bilder und legt diese als fortlaufendes Dokument mit Indizierung ab.

Finanzierung:

Da wir eine studentische Gründungsgemeinschaft sind, verfügen wir naturgemäß über wenig bis keine finanziellen Mittel. Um Risikokapital oder Gründerkredite werden wir also kaum herumkommen. Unter der Annahme, dass Geld leichter zu besorgen ist, wenn man schon welches hat oder einen Erfolg versprechenden Wert vorweisen kann, bemühen wir uns, mit Eigenmitteln eine Patentanmeldung vornehmen zu lassen. Unser eigenes Startkapital dürfte für die Anwalts- und Notarkosten, sowie die Gebühr für die Patenprüfung und Aufnahme restlos aufgebraucht sein. Es gilt also ab sofort aus einer Idee und deren zeitweisen Schutz ein verkaufbares Gut zu machen und vorher die sicher nicht unerheblichen Mittel zur Vorfinanzierung zu besorgen.

Als Thüringer Studenten wenden wir uns mit einem Businessplan und der Patentanmeldung an verschiedene lokale und nationale Förderinstitutionen wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau wenden, um an preiswerte Kredite und Risikokapital zu gelangen. Die ersten 25.000 Euro sind gut angelegt mit der Gründung einer GmbH, um uns vor den möglichen Folgen eines Scheiterns abzusichern (Das klingt theoretisch immer einleuchtend und einfach, leider verlangen Banken in der Realität bei der Vergabe von Krediten an GmbHs gern persönliche Sicherheiten – bei der Wahl eines guten Gründerprogramms kann man aber unter Umständen eine Bank oder gar den Staat die Sicherheiten übernehmen lassen).

Die Hauptargumente bei der Überzeugungsarbeit zur Geldbeschaffung, die letztlich Vertrauensschaffung ist, sind die Patentschrift und der hoffentlich sauber ausgearbeitete Businessplan, der einen möglichen Verlauf der Entwicklung und Vermarktung unseres Produktes detailliert darlegt. Uns ins bewusst, dass wir einer großen Skepsis gegenüberstehen werden. Fragen nach der tatsächlichen Umsetzbarkeit können sicher nie vollständig im Vorfeld geklärt werden. Selbst bei einer erfolgreichen technischen Gestaltung des Buchscanners ist die Durchsetzung am Markt keine Selbstverständlichkeit.

Kooperationen:

Gehen wir trotzdem von einer geglückten Vorfinanzierung aus und wenden uns möglichen Kooperationen zu. Wir unterscheiden hier zwischen Kooperationen, die uns bei der Erstellung des Produktes nützlich sind und dabei möglichst Kosten senkend, sowie Kooperationen, die auf lange Sicht strategische Vorteile bringen.

Erste Verhandlungen könnten sicher mit dem ansässigen Optik-Spezialisten Carl-Zeiss-Jena geführt werden. Da unser Scanner mit einer digitalen Aufsichtskamera arbeiten wird und Carl-Zeiss-Jena in den letzten Jahren gerade im Bereich der Digitalkameras viel erreicht hat, liegt dieser Schritt wohl nahe. Sollten diese Gespräche ergebnislos sein, bieten sich weitere Gespräche mit Herstellern wie Canon, Hewlett Packard usw. an.

Für das Herzstück unserer Innovation, die Blättermechanik, werden wir uns im Vorfeld an den Hersteller des Musiknotenständers und eventuell Firmen mit besonderen Erfahrungen in Feinmechanik und pneumatischem Maschinenbau richten.

Zeichnet sich der erfolgreiche Bau eines ersten Prototyps ab, können strategische Gespräche mit weiteren potentiellen Partnern erfolgen. Diese lassen sich durch ein erstes vorführbares Gerät sicher nicht überwältigen, vielleicht aber interessieren. Angedacht sind Kooperationen mit Softwareherstellen wie Adobe, OCR-Spezialisten aber auch Anbietern von großen Datenbanklösungen, eBooks und tragbaren Anzeigegeräten sowie DRM-Technologien. Wir verfolgen dabei nicht das Ziel, ein großes, teures Produkt auf den Markt zu bringen, sondern es durch Schnittstellen erweiterungsfähig zu gestalten und durch Lizenzeinnahmen Umsätze zu generieren, statt Zeit und Geld in die eigene Entwicklung zu stecken. Im Idealfall kann sich so um unser Produkt ein eigener Erweiterungsmarkt entwickeln, von dem wir monetär profitieren.


Rechtliche Rahmenbedingungen:

Besondere Sorgfalt müssen wir bei der Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen an den Tag legen. Im Zuge der aktuellen Urheberrechts-Diskussion und Verteufelung digitaler Reproduktionstechnologien sollte unser Produkt nicht von einer Lobby vorab negativ vorbelastet werden. Verhandlungen mit der VG Wort und Verlagen können sicher positive Signale geben. Es gilt die Angst vor einer möglichen Störung des Buchmarktes zu nehmen. Zwar können Verlage nicht direkt auf unsere Vermarktung Einfluss nehmen, das Störungspotential sollte aber nicht unterschätzt werden.


Marketingstrategie:

Mit der Wahl einer geeigneten Marketingstrategie beginnt die Phase, in der wir wohl genug falsch machen können, um unser Produkt schnell gegen die Wand zu fahren. Es gilt abzuwägen, ob man eher aggressiv an den Markt geht und über klare Preisvorteile und Beispielrechnungen die Lukrativität einer Anschaffung proklamiert oder ob eine behutsame Marktabtastung und Zielgruppenerschließung auf lange Sicht nicht doch die bessere Methode darstellt.

Da wir zu unseren potentiellen Kunden Einrichtungen wie Bibliotheken, Universitäten und Firmenarchive zählen, müssen wir uns auf behörden-ähnliche Strukturen gefasst machen, denen Innovationen oft nur langsam beizubringen sind, die aber nach erfolgreicher Überzeugungsarbeit gleich mehrere Produkte abnehmen könnten.

Da ein Preismarketing von vornherein minimale Gewinnmargen bedeutet und wir über keinen finanziellen Spielraum verfügen, entscheiden wir uns für ein qualitatives Marketing. Als Aufhänger soll dabei die erfolgreiche Nutzung des Produktes selbst dienen. Gemeinsam mit einer Bibliothek könnte ein Pilotprojekt gestartet werden. Mit einer kostenlosen Teststellung und unter ständiger Aufsicht werden in einem beispielhaften Probelauf der Scanner eingesetzt und noch einmal eventuelle Problemfelder aufgedeckt und behoben. Die Bibliothek sollte bereit sein, später den Vorgang zu dokumentieren und sich für Marketingzwecke „missbrauchen“ zu lassen.

Preislich kann das Produkt vielleicht über ähnlichen Geräten der Konkurrenz liegen, da diese weniger leisten. Neben dem erfolgreichen Probelauf erfolgt nun die Überzeugungsarbeit durch den Verweis auf das bisherige Ergebnis und reine Zahlenspiele: „Wenn zwei Mitarbeiter vier Wochen zur Digitalisierung von 40 Büchern bisher brauchten und nun ein Mitarbeiter nur zwei Wochen für die selbe Anzahl“ und so weiter. So ökonomisch verlockend diese Rechnung auch klingen mag, Personalersparnis ruft immer auch Klagen hervor. Gerade bei Mitarbeitern einer Bibliothek oder eines Archivs, die letztlich dieses Gerät benutzen sollen, kann so ein fader Beigeschmack entstehen, der beim Marketing dringend bedacht werden sollte.

Skepsis:

Überhaupt werden wir uns einiger Skepsis gegenübersehen. Angefangen bei Hinterfragung der Funktionsweise der Technik über die eben angesprochene soziale Komponente bis hin zu möglichen Veränderungen des Scanner- und Buchmarktes. Als innovatives Unternehmen werden wir uns bemühen, diese Barrieren nicht defensiv hinzunehmen, sondern aktiv aufzuspüren und nach Lösungsansätzen zu suchen. Gütesiegel wie der blaue zum Beispiel könnten ökologische Bedenken im Vorfeld ausräumen, die gerade im Technikbereich immer deutlicher geäußert werden. Ein Recycling-Programm kann dies unterstützen.

Ausgehend von eher systemischen Managementlehre, nach der wir Kunden nicht als steuerbare Unternehmen, sondern als reizbare Systeme auffassen, gehen wir davon aus, dass es keinen perfekten Weg der Überzeugung als vielmehr die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen. Diese positive Umwelt für eine erfolgreiche Durchsetzung unseres Produktes ist immer wieder aufs Neue zu schaffen und von Fall zu Fall unterschiedlich. Während wir uns einer Bank als risikobereite Unternehmer mit Patent in der Hand präsentieren, muss gegenüber Universitäten eher eine konservative Marketingsprache oder der Verweis auf die eigene studentische Herkunft kommuniziert werden.

Nach dem Referat wurden in der Diskussion noch folgende Problemfelder hervorgehoben:

  • Das Produkt sollte nicht durch den Einbau von Fremdtechnologien an Identität verlieren (eigenes Branding).
  • Es wurde die Frage gestellt, warum nicht mit bisherigen Buchscanner-Herstellern kooperiert wird => Antwort: Die Geräte sind so simpel, dass wir uns davon keinen Vorteil versprechen. Einzig die Erfahrung könnte hilfreich sein.
  • Unser Produkt sollte mit bedacht zusammengeführt werden, um nicht einer zu starken Fragmentierung zu unterliegen.
  • Es stellte sich die Frage, ob der Scanner nun auch einfach als Kopierer benutzt werden kann, oder ob immer ein Rechner mit Software benötigt wird => Antwort: Durch die offene Schnittstelle kann ein Minimalrechner angeschlossen werden, der das Gerät zu einem simplen Buchkopierer „degradiert“.

 



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quellen

 

  • leider nicht öffentlich verfügbares Lernmaterial zum Innovationsmanagement