Mechanisierung wird maßgebend: Die Organisation als Maschine

Ablauf

 

  • 0.) Einleitung
  • 1.) Moderne Organisation - Arbeit wie ein Uhrwerk
  • 2.) Die Entstehung von mechanistischen Vorstellungen von Organisationen
  • 3.) Die klassische Organisationstheorie
  • 4.) Wissenschaftliches Management
  • 5.) Stärken und Grenzen der Maschinenmetapher
  • 6.) Medien <=> Organisation <=> Medien
  • 7.) Thesen zur Diskussion
  • 8.) Quellen

Dieser Vortrag wurde am 17. April 2002 im Seminar "Bilder der Organisation" im SS 2002 an der Bauhaus-Universität Weimar gehalten. Als Hauptquelle diente das Buch "Bilder der Organisation" von Gareth Morgan.

 

 

0.) Einleitung

 

  • Der deutsche Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel im Jahre 1803/1804:

    "Indem er [der Mensch] die Natur durch mancherley Maschinen arbeiten läßt, so hebt er die Notwendigkeit seines Arbeitens nicht auf, sondern schiebt es nur hinaus ... Arbeit wird zur Maschinenarbeit, mit den Konsequenzen: Wertverlust der Arbeit, damit Zwang zur Mehrarbeit für den Einzelnen, Beschränkung seiner Geschicklichkeit, Stumpfheit des Bewußtseins der Fabrikarbeiter, blinde Abhängigkeit."



 

 

 
1.) Moderne Organisation - Arbeit wie ein Uhrwerk

 

  • Organisation = Zustand wohlgeformter Beziehungen zwischen klar definierten Teil-
    bereichen, die auf einem bestimmten Ordnungssystem beruhen

  • griech. orgon: Werkzeug / Instrument

  • Behörde = Organisation, die wie Maschine aufgebaut ist und ausgeführt wird

  • ==>Verhalten der Mitarbeiter einer solchen Organisation wie ein Teil der Maschinerie:
    effizient, routinemäßig, verlässlich, vorhersehbar
Checkliste

2.) Die Entstehung von mechanistischen Vorstellungen von Organisationen

 

  • 5.-3. Jh. v. Chr.: Demokrit, Leukippos
  • 300 v. Chr.: Aristoteles
  • 16./17. Jh.: Galileo Galilei (1564-1642)
  • 17./18. Jh.: Sir Isaac Newton (1643-1727): Das Universum als Himmelsmaschine
  • Beginn des 19.Jh.: Industrielle Revolution
    Veränderungen im Arbeitsablauf und der Beaufsichtigung der Fabrikarbeiter
    Adam Smith (1723-1790): Abhandlungen zur Arbeitsteilung

  • Armee Friedrich des Großen (1740-1786)
    Militär als Vorbild für Routineabläufe
  • im Verlauf des 19.Jh.: mechanisierte Armee im Fertigungs- und Verwaltungsbereich
  • in der Sozialtheorie
    René Descartes (1596-1650)
    Julien Offray de LaMettrie (1709-1751) ==> Aufnahme am Hof von Friedrich dem Großen
  • Max Weber (1864-1920):
    Bürokratie ist eine Organisationsform, die auf Präzision, Tempo, Durchschaubarkeit, Beständigkeit, Zuverlässigkeit und Effizienz Wert legt, welche durch festgesetzte Aufgabenteilung, hierarchische Überwachung und detaillierte Regeln und Vorschriften erreicht werden.
  • Idealtypus der bürokratischen Form von Organisation
    Spezialisierung, hierarchisch gegliederte Ordnung, explizit geäußerte Regeln, Unpersönlichkeit, leistungsbezogene Entlohnung
mechanisches Sonnensystem
3.) Die klassische Organisationstheorie

 

Die klassische Managementtheorie als Prozess der Planung, Organisation, Anweisung, Koordination und Kontrolle

Grundregeln:

  • Einheitlichkeit der Auftragserteilung
  • Einliniensystem
  • Kontrollspanne
  • Stab und Linie
  • Initiative
  • Arbeitsteilung
  • Weisungsbefugnis und Verantwortung
  • Zentralisierung (von Autorität)
  • Disziplin
  • Unterordnung des Individualinteresses unter das allgemeine Interesse
  • Gerechtigkeit
  • Gleichbleibendes Personal
  • Gemeinschaftsgeist

Führende Vertreter der klassischen Theorie:

  • Henri Fayol (F), F.W.Mooney (US), Col. Lyndall Urwick (GB)

Grundregeln waren das Ergebnis einer Kombination von Grundregeln aus dem militärischen Bereich und dem Ingenieurwesen.

Prinzip:

  • Hierarchisch strukturierte Organisation mit genau definierten Dienstwegen sichert die Ausführung klar definierter Aufgaben (klass. Organisationsentwurf, orientiert sich an der Konstruktionsweise von Maschinen).

Problem:

  • Der Mensch ist keine Maschine bzw. kein Teil derselben. Folglich ergeben sich Probleme
    hinsichtlich seiner Effizienz in rationalen Systemen (persönliche Bedürfnisse und Menschenrechte).


Struktur Bundesministerium
4.) Wissenschaftliches Management

 

Der Taylorismus - ein Mittel zur Sicherung der allgemeinen Kontrolle über den Arbeitsplatz und ein Mittel zur Profitsteigerung. Managementsystem nach Frederick Taylor (US), vorgestellt 1911 vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses.

Die 5 Prinzipien Taylors:

  1. Übertrage die gesamte Verantwortung für die Arbeitsorganisation vom Arbeiter auf den Manager.
  2. Nutze wissenschaftliche Methoden, um die effizienteste Methode der Ausführung zu finden! Gestalte die Arbeit entsprechend und lege die genaue Ausführung der Arbeit fest.
  3. Wähle die geeignetsten Personen für die so vorgeplante Aufgabe!
  4. Leite den Arbeiter zur effizienten Ausführung der Arbeit an!
  5. Überwache die Leistung des Arbeiters, um zu gewährleisten, dass die entsprechenden Arbeitsabläufe befolgt und d. entspr. Ergebnisse erzielt werden!

Manager und Arbeitsplaner denken, Arbeiter und Angestellte führen aus.
Taylor stolz zu seinen Arbeitern: "Von Ihnen wird nicht erwartet das Sie denken. Dafür werden hier andere Leute bezahlt."

tools:

  • Zeit-Bewegungs-Studien zur Analyse und Normierung von Arbeitsabläufen
  • genaue Beobachtung und Messung selbst der Routinearbeiten, um die optimale Leistung zu ermitteln

Vorteil:

  • Produktivität kann um ein Mehrfaches gesteigert werden

Anwendungen:

  • Schnellrestaurantketten, Fliessbänder, Büros

(ethisches) Problem:

  • Arbeiter und Angestellte führen extrem segmentierte und hochspezialisierte Arbeiten aus, welche sie schnell erlernen können. Daraus ergibt sich eine hohe Fluktuation der Arbeitskräfte, da der Austausch gut ausgebildeter Handwerker gegen ungelernte Arbeiter rasant beschleunigt wird. Arbeiter werden zu austauschbaren Automaten (Ersatzteil).

Der zentrale Reiz des Taylorismus besteht in der Macht, welche er den Überwachenden verleiht.

Managementtechniken des 20. Jahrhunderts MBO (management by objectives), PPBS (planning, programming, budgeting systems) und MIS (managemant - information systems).

 

5.) Stärken und Grenzen der Maschinenmetapher

 

mechanistische Organisationen funktionieren gut, wenn:

  • eine einfache Aufgabe zu erfüllen ist
  • die Umgebung stabil genug ist, um zu gewährleisten, dass die produzierten Güter dem Markt entsprechen
  • jemand immer wieder genau das gleiche Produkt herstellen will
  • Präzision hoch im Kurs steht
  • die menschlichen "Maschinenteile" gefügig sind und sich so verhalten wie vorgeschrieben

Taylors Annahmen:

  1. Der Mensch ist von Natur aus faul und nur auf sein Vergnügen bedacht.
  2. Glück erreicht der Mensch nur durch Konsum.
  3. Deshalb ist er zur Arbeit nur durch finanzielle Anreize zu motivieren.
  4. Da (1) und (2) im Widerspruch stehen, muss der Mensch seine Natur durch Disziplin überwinden, um Glück zu erreichen.
  5. Da der Mensch, zumindest der körperlich arbeitende Mensch, aufgrund von Einsicht dies nicht schafft, muss er rigiden Regeln unterworfen werden.
  6. Ingenieure, die die "Wissenschaft" zur Erhöhung der Produktivität beherrschen, können diese Regeln am besten konstruieren. Auf diese treffen die Annahmen (1) bis (5) nicht zu und deshalb setzen sie ihr Wissen ein, um den Arbeitern zu Einkommen, Konsum und Glück zu verhelfen.

mechanistische Organisationen können aber:

  • Organisationsformen hervorbringen, die sich nur unter großen Schwierigkeiten an veränderte Bedingungen anpassen lassen
  • zu gedankenloser, unkritischer Bürokratie führen
  • ungeahnte und unerwünschte Konsequenzen haben, denn die Interessen der in der Organisation Beschäftigten haben Vorrang gegenüber den Zielen, die durch die Organisation erfüllt werden sollten
  • unmenschlich auf die Arbeitnehmer wirken, vor allem auf den unteren Ebenen der Organisationshierarchie
  • Innovationen von außen und innen verwehren
  • Opfer des Segmentierens werden
  • neue Probleme ignorieren oder fragmentieren
  • untätig sein und stocken
  • Informationen nur langsam und verzerrt nach oben leiten
  • zu viel Abstand zu eigenen Problemen haben
  • durch Spezialisierung kurzsichtig sein
  • durch Verantwortungsbereiche Gedankenlosigkeit fördern
  • Passivität institutionalisieren
  • bewusst Fehler produzieren
  • Apathie, Nachlässigkeit, mangelndes Selbstwertgefühl für den Arbeitnehmer bedeuten
  • informellen Regeln unterliegen
  • Menschen als zu rational zu betrachten
  • Menschen formen statt ihre Fähigkeiten zu nutzen

 

6.) Medien <=> Organisation <=> Medien


  • Verträge (Rahmenbedingungen)
  • Plakate (Struktur, Mitarbeiter der Woche, Arbeitsanweisungen/Notfallpläne...)
  • Brief/Email (PR, Koordination, Information, Administration)
  • Uhr (Taktbestimmung) / Stechuhr (Kontrolle)
  • Telefon (Koordination, Information, Administration)
  • Lautsprecher (Koordination, Information, Administration, PR)
  • Werbung/PR (TV, Radio, Internet, Print,...)
  • Geld (Administration, Koordination)
  • Gespräche (Koordination, Information, Administration)
  • Internet (PR, Außendarstellung, Anwerbung)
  • Intranet (Koordination, Information, Administration)
  • gemeinsame Betriebsaktivitäten (Feiern, Tagungen...)

In der Diskussion wurde herausgearbeitet, dass eine mechanische Organisation theoretisch mit nur drei Medien auskommt: Lediglich Papier (für Beobachtung, Kontrolle, Information), eine Uhr (Taktbestimmung, Kontrolle) und Geld (Motivation, Tauschmedium) sind unabdingbar.

 

 

7.) Thesen zur Diskussion

 

  • Schnelle Medien, wie das Fernsehen, sind auf Grund des hohen Mechanisierungsgrades häufiger von technischen Schwierigkeiten betroffen und damit qualitativ niedriger als langsame Medien, wie einer Tageszeitung.

  • Starre, bürokratische Organisationsformen können der Schnell-Lebigkeit, Flexibilität und Kreativität sowie dem produktorientierten Arbeiten von Medien nicht standhalten.

  • Mechanische Organisationsformen in Medienunternehmen sind die Voraussetzung für einen reibungslosen Ablauf, schnelle Reaktion und Erfüllung des Termindrucks.

  • Der Vorzug der genauen Arbeitsteilung führt unweigerlich zur Passivität der Arbeitnehmer, da automatisch auch ihre "nicht-Zuständigkeitsbereiche" genau definiert sind.

  • Mechanische Organisationen haben den eindeutigen Vorteil der genauen Planbarkeit: Sie lassen sich auf einem Reißbrett entwerfen und danach strikt umsetzen.

Großen Einfluss auf die Diskussion hatte die Vorstellung der Arbeitsweise und Strukturen der Thüringer Allgemeine. Deutlich wurde hier die hybride Form zwischen klaren Strukturen im Vorfeld bei Entscheidungsprozessen, einem eher "chaotischen" Schaffensprozess und einem wiederum stark mechanisierten Ablauf beim Druck der Zeitung, der minutiös durchgeplant ist. Es wurde diskutiert über die Qualität und den Gehalt von Medien abhängig von ihren mechanischen Strukturen und ihrer Schnelllebigkeit. Als Beispiel diente hier der Vergleich TV <=> Zeitung. Für sehr kreative Unternehmen wie Werbeagenturen scheint der Zugriff auf eine Vielzahl von Medien mittlerweile unabdingbar.

 

 
8) Quellen

 

  • BUCHNERS KOLLEG GESCHICHTE: Von der französischen Revolution bis zum Nationalsozialismus, C.C. Buchners Verlag: Bamberg 1992.
  • RITTER, Joachim und GRÜNDER, Karlfried (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd.5, Schwabe & Co AG Verlag: Basel 1980
  • JOAS, Hans (Hrsg.): Lehrbuch der Soziologie, Campus Verlag: Frankfurt/Main 2001.
  • KURSBUCH MEDIENKULTUR, DVA: Stuttgart 1999.
  • MORGAN, Gareth: Bilder der Organisation, Klett-Cotta: Stuttgart 1997.
  • KIESER, Alfred (Hrsg.): Organisationstheorien, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, 1993
  • PICOT, Arnold: Die grenzenlose Unternehmung, Gabler Verlag, Wiesbaden, 1996
  • Film: Modern Times (Regie: Charles Chaplin), USA 1937
  • Film: Hudsucker Proxy (Regie: Joel & Ethan Coen), USA 1994
 
Vortragende